Arbeit und Sehen - Eine interdisziplinäre Erklärung von Veränderungen des Sehens durch Bildschirmarbeit

Work and Vision – a multidisciplinary explanation of visual changes working with VDUs

  • Im multimedialen Zeitalter ist der Arbeitsalltag zunehmend durch Bildschirmarbeit geprägt. Branchenübergreifend wächst die Zahl der Arbeitsplätze an Bildschirmgeräten und die Dauer der Bildschirmtätigkeit. Dabei werden die Informationsaufnahme auf das visuelle System gebündelt und gleichzeitig dem Individuum "unnatürliche" Sehmodalitäten abverlangt. Trotz einer Vielzahl geäußerter visueller Beschwerden, die mit diesem Wandel in der Arbeitswelt einhergehen, beschränken sich Untersuchungen zu deren Ursachen bzw. zu Veränderungen des Sehens zumeist auf die Sehleistung im Sinne der Sehschärfe sowie Veränderungen von statischen Größen der Konvergenz und Akkommodation. Messverfahren werden zunehmend technisiert und dabei wesentliche, auf organischer Funktion aufbauende Prozesse des Sehens, ausgegrenzt. Es liegen bislang nur sehr wenige Erkenntnisse zu den Einflüssen des Arbeitstyps Bildschirmarbeit auf andere Bereiche des Sehens vor, insbesondere wenn man sich loslöst von der reinIm multimedialen Zeitalter ist der Arbeitsalltag zunehmend durch Bildschirmarbeit geprägt. Branchenübergreifend wächst die Zahl der Arbeitsplätze an Bildschirmgeräten und die Dauer der Bildschirmtätigkeit. Dabei werden die Informationsaufnahme auf das visuelle System gebündelt und gleichzeitig dem Individuum "unnatürliche" Sehmodalitäten abverlangt. Trotz einer Vielzahl geäußerter visueller Beschwerden, die mit diesem Wandel in der Arbeitswelt einhergehen, beschränken sich Untersuchungen zu deren Ursachen bzw. zu Veränderungen des Sehens zumeist auf die Sehleistung im Sinne der Sehschärfe sowie Veränderungen von statischen Größen der Konvergenz und Akkommodation. Messverfahren werden zunehmend technisiert und dabei wesentliche, auf organischer Funktion aufbauende Prozesse des Sehens, ausgegrenzt. Es liegen bislang nur sehr wenige Erkenntnisse zu den Einflüssen des Arbeitstyps Bildschirmarbeit auf andere Bereiche des Sehens vor, insbesondere wenn man sich loslöst von der rein physiologischen Disziplin. In Theorie und verschiedenen neueren Studien sind Ansätze erkennbar, die Praxis zeigt jedoch, wie auch das Beharren an den Bildschirmarbeitsplatz-Screening-Tests nach G 37 in der Arbeitsmedizin beweist, kaum Interesse. Ausgangspunkt und Anlass dieser Arbeit sind die von Böhle, Weishaupt, Hätscher-Rosenbauer und Fritscher (1998) in "Tätigkeitsbezogene Sehschulung – Ein zukunftsweisender Ansatz zur Förderung der Gesundheit bei visueller Beanspruchung am Arbeitsplatz" dargestellten neuen Erkenntnisse zur Vereinseitigung des Sehens aus dem vom BMBF/AuT geförderten Verbundvorhaben "Entwicklung von Methoden zur Identifikation visueller Ursachen arbeitsbedingter Gesundheitsrisiken und hierauf bezogener Präventionsstrategien im betrieblichen Gesundheitsschutz" (Förderkennzeichen 01 HP 594/9). Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, verschiedene Beschwerden der Bildschirmarbeit auf das visuelle System aus interdisziplinärer Perspektive zu beleuchten. Berücksichtigt werden dabei der Stand praktischer Überprüfungen nach G37, physiologische Erkenntnisse, Theorien der Verhaltensoptometrie, der Arbeitssoziologie und der Kognitionswissenschaften. Aufbauend auf diesen bestehenden Erkenntnissen und Theorien werden mögliche Veränderungen des Sehens bei Bildschirmarbeit dargestellt und in einer empirischen Querschnittsstudie (n=321) mittels schriftlicher Befragung und psychophysischen Messungen überprüft. Es werden arbeitsbedingte Veränderungen des Kontrast- und Farbsehens, Einschränkungen der peripheren Wahrnehmung und von flüssigen Blickbewegungen festgestellt. Weiterhin können Einflüsse der Bildschirmarbeit auf die Motilität (Anpassungsgeschwindigkeit) von Akkommodation und Konvergenz an ferne und nahe Objekte, das räumliche Sehen und Wahrnehmungspräferenzen aufgezeigt werden. Eine Korrelation der experimentellen Messungen mit erfragten subjektiven asthenopischen Beschwerden kann ebenfalls nachgewiesen werden. Wenn auch der standardisierte Screeningtest nach G 37 keine Auffälligkeiten erkennen lässt, so lassen sich trotzdem im Gruppenvergleich von Bildschirmarbeitern (SG=158) und Kontrollgruppen (KG1 "konventionelle Büroarbeit"=27; KG2 "Handwerk"=104; KG3 "Berufskraftfahrer"=32) statistisch signifikante Veränderungen des Sehens belegen. Auch die subjektive Beurteilung des Sehens bei Bildschirmarbeit weicht von der Einschätzung des Sehens bei anderen Arbeitsformen ab. Veränderungen des Sehens sind nicht nur vorübergehend – während und unmittelbar nach der Bildschirmarbeit – vorhanden: Auffälligkeiten des Sehens zeigen sich auch ohne unmittelbar vorausgehende Arbeitsbelastung. Diese Ergebnisse stellen Sehbeschwerden bei Bildschirmarbeit in ein neues Licht und liefern Ansätze für weitere (interdisziplinäre) Forschung sowie zur Entwicklung konkreter Handlungsempfehlungen für arbeitsorganisatorische und verhaltensorientierte Prävention und Kompensation.show moreshow less
  • In our multimedia-based age the workday is increasingly shaped by working with visual display terminals (VDUs). Intersectorally the number of the jobs at VDUs and the duration of VDU-work grow. The acquisition of information is bundled on the visual system and at the same time "unnatural" modalities of vision are demanded from the individuals. Despite a multiplicity of visual complaints associated with this change in the working conditions mostly investigations are focussed on visual efficiency in terms of visual acuity as well as changes from static sizes of the convergence and accommodation. Measuring procedures increasingly become more technically and substantial processes of vision developing on organic function are excluded. So far only very few studies are published to the influences of the working conditions on other ranges of vision, in particular if one detaches oneself of the purely physiological discipline. In theory and different newer studies beginnings are recognizable,In our multimedia-based age the workday is increasingly shaped by working with visual display terminals (VDUs). Intersectorally the number of the jobs at VDUs and the duration of VDU-work grow. The acquisition of information is bundled on the visual system and at the same time "unnatural" modalities of vision are demanded from the individuals. Despite a multiplicity of visual complaints associated with this change in the working conditions mostly investigations are focussed on visual efficiency in terms of visual acuity as well as changes from static sizes of the convergence and accommodation. Measuring procedures increasingly become more technically and substantial processes of vision developing on organic function are excluded. So far only very few studies are published to the influences of the working conditions on other ranges of vision, in particular if one detaches oneself of the purely physiological discipline. In theory and different newer studies beginnings are recognizable, however practice show hardly interest - like also a persistence on visual screening tests according to G37 in the industrial medicine proves. The initial point and the motive of this study are the findings of "visual blunting" in Boehle, Weishaupt, Haetscher-Rosenbauer and Fritscher (1998) "Tätigkeitsbezogene Sehschulung – Ein zukunftsweisender Ansatz zur Förderung der Gesundheit bei visueller Beanspruchung am Arbeitsplatz" within the group project "Entwicklung von Methoden zur Identifikation visueller Ursachen arbeitsbedingter Gesundheitsrisiken und hierauf bezogener Präventionsstrategien im betrieblichen Gesundheitsschutz "(01 HP 594/9). The goal of the new study is it to light up different complaints on and changes of vision from interdisciplinary perspective. Thereby the conditions of practical examinations according G37, physiological studies, theories of the behavioural optometry, the sociology of work and the cognitive sciences are considered. Based on this knowledge and related theories possible changes of vision caused by VDU-work are investigated in an empirical cross section study (n=321) by standardized questionnaire and psycho-physical measurements. Work-conditioned changes of the contrast vision and color vision, restrictions of the peripheral perception and by smooth eye movements are determined. Further influences of VDU-work on the facility (speed of adjustment) of accommodation and convergence, spatial vision and perception preferences are pointed out. A correlation of the experimental measurements with subjective asthenopic complaints can be proven likewise. Even if the standardized screening according to G 37 does not show significant changes, nevertheless in comparison of the group of screen workers (SG=158) and control's groups (KG1 "conventional nearwork"=27; KG2 "craftspeople"=104; KG3 "busdrivers and truckers"=32) there are statistically significant changes of vision. Also the subjective evaluation of vision at VDU deviates from the estimate of seeing with other work types. Changes of vision are not temporarily - during and immediately after work at VDU: Changes show up also without directly preceding working load. These results place complaints on vision at VDU-work into a new light and supply a basis for further (interdisciplinary) research as well as for the development of concrete recommendations for action for work-organizational and behavioural prevention and compensation.show moreshow less

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Metadaten
Author:Stephan Degle
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus-1880
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/144
Advisor:Fritz Böhle
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Date of final exam:2006/01/25
Release Date:2006/04/18
Tag:G37
working conditions; VDU; VDT; visual changes
GND-Keyword:Bildschirmarbeit; Bildschirmarbeitsplatz; Sehleistung; Sehfehler; Sehen
Institutes:Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät / Institut für Betriebswirtschaftslehre
Dewey Decimal Classification:3 Sozialwissenschaften / 33 Wirtschaft / 330 Wirtschaft