Experimentelle Elektronendichteanalysen von Halbleiterverbindungen mit Mehrzentrenbindungscharakter

  • Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die von Häussermann et al. definierte Materialklasse der „electron poor framework semiconductors“, zu denen unter anderem sowohl die II-V-Halbleiter ZnSb und ZnAs, als auch β-SiB3 gezählt werden kann. All diese Materialien zeichnen sich durch eine mittlere atomare Valenzelektronenzahlen kleiner vier aus und es bilden sich nicht-klassische Mehrzentrenbindungen mit rautenförmigen Substrukturen aus. Die Charakterisierung dieser chemischen Bindungen durch die Bestimmung der Elektronendichteverteilung mittels hochaufgelöster Röntgenbeugungsexperimente am Einkristall und deren Analyse im Rahmen der von Richard F. W. Bader entwickelten Quantentheorie der Atome in Molekülen war in dieser Arbeit von besonderem Interesse. Qualitativ hochwertige Einkristalle von β-SiB3 wurden mittels Hochdrucksynthese mit Mehrstempelpressen bei einem Druck von 8 GPa und einer Temperatur von 1100 °C hergestellt. Bei der kombinierten experimentellen und theoretischen Analyse derIm Mittelpunkt dieser Arbeit steht die von Häussermann et al. definierte Materialklasse der „electron poor framework semiconductors“, zu denen unter anderem sowohl die II-V-Halbleiter ZnSb und ZnAs, als auch β-SiB3 gezählt werden kann. All diese Materialien zeichnen sich durch eine mittlere atomare Valenzelektronenzahlen kleiner vier aus und es bilden sich nicht-klassische Mehrzentrenbindungen mit rautenförmigen Substrukturen aus. Die Charakterisierung dieser chemischen Bindungen durch die Bestimmung der Elektronendichteverteilung mittels hochaufgelöster Röntgenbeugungsexperimente am Einkristall und deren Analyse im Rahmen der von Richard F. W. Bader entwickelten Quantentheorie der Atome in Molekülen war in dieser Arbeit von besonderem Interesse. Qualitativ hochwertige Einkristalle von β-SiB3 wurden mittels Hochdrucksynthese mit Mehrstempelpressen bei einem Druck von 8 GPa und einer Temperatur von 1100 °C hergestellt. Bei der kombinierten experimentellen und theoretischen Analyse der Elektronendichteverteilung konnte gezeigt werden, dass sich die Siliziumrauten am besten über zwei kantenverknüpfte, delokalisierte (3Z,2e)-Bindungen mit einer dominanten trans-annularen Wechselwirkung beschreiben lassen, analog zu isoelektronischen Modellsystemen mit B4-Rauten. Die Analyse der B12-Ikosaeder in β-SiB3 zeigte eine leichte kuboktaedrische Verzerrung mit lokaler Konzentration der Elektronendichte in acht der zwanzig Dreiecksflächen des Ikosaeders. Weiterhin konnten 19.4(2) % der Siliziumatome durch Germaniumatome ersetzt werden. Beide Verbindungen (mit und ohne Germanium) wurden mittels Ramanspektroskopie charakterisiert. Zum Abschluss Kapitels wurde außerdem das Strukturmodell von α-SiB3−x nach Magnusson und Brosset durch eine komplexe Modellierung der experimentell gewonnenen Röntgenbeugungsdaten signifikant verbessert. Zum besseren Verständnis der niedrigen thermischen Leitfähigkeit von ZnSb wurden weiterhin die physikalischen und schwingungsspektroskopischen Eigenschaften dieser Verbindung näher untersucht. Bei hochaufgelösten Röntgenbeugungsstudien am Einkristall zeigten die Zinkatome mit steigender Temperatur ein zunehmend anharmonisches Schwingungsverhalten. Die experimentelle spezifische Wärmekapazität im Bereich T = 2 − 400 K wurde durch ein detailliertes Debye-Einstein-Modell beschrieben, das sowohl das non-Debye Verhalten im Tieftemperaturbereich als auch die lineare Gitterausdehnung im Hochtemperaturbereich berücksichtigt. Dabei stehen das anharmonische Verhalten der Zinkatome, die Ausbildung von Mehrzentrenbindungen und die phononischen Eigenschaften in unmittelbarem Zusammenhang. ZnAs konnte nahezu phasenrein und reproduzierbar bei einem Druck von 6 GPa und einer Temperatur von 1000 °C synthetisiert werden und seine Struktur wurde erstmals am Einkristall bestimmt. Neben weiterer Charakterisierung mittels Ramanspektroskopie, Bestimmung der temperaturabhängigen spezifischen Wärmekapazität und Messung der Bandlücke waren thermoelektrische Transportmessungen jedoch aufgrund einer Vielzahl von Rissen in verschiedenen Größenordnungen jedoch nur bedingt möglich. Die Elektronendichteverteilung von ZnSb und ZnAs wurde mittels theoretischer Methoden näher analysiert. Die Mehrzentrenbindung in den Zn2Sb2 bzw. Zn2As2 Strukturfragmenten konnte in beiden Fällen als Paar von verzerrten (3Z,2e)-Bindungen mit Lokalisation der Elektronendichte an Antimon- bzw. Arsenatomen und schwacher Zn-Zn-Wechselwirkung charakterisiert werden. Im letzten Kapitel dieser Arbeit lag der Fokus auf der Verbesserung der Methode zur Extraktion der Elektronendichteverteilung aus Röntgenbeugungsdaten, indem das klassische Multipolmodell nach Hansen und Coppens erweitert wurde. Dies erfolgte exemplarisch an Elementstrukturen von Kohlenstoff (Diamant), Beryllium und Bor (α-B12) durch Aufhebung des „frozen-core“ Ansatzes und die Einführung zusätzlicher Parameter zur Beschreibung der Elektronendichteverteilung der 1s-Schale. Im Fall von Kohlenstoff konnten systematische Fehler der Temperaturfaktoren minimiert und im Fall von Beryllium die komplexe Topologie der Elektronendichteverteilung aus experimentellen Daten und in Übereinstimmung mit theoretischen Analysen gewonnen werden. Bei rhomboedrischem α-Bor erzeugen dipolare Deformationen im core-Bereich sogenannte „core asphericity shifts“, die bei Elementen der 2. Periode um etwa zwei Größenordnungen kleiner als klassische „asphericity shifts“ sind. Für hochpräzise Strukturanalysen sollten diese Effekte nicht vernachlässigt werden.show moreshow less

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Metadaten
Author:Andreas FischerORCiDGND
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus4-1130288
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/113028
Advisor:Wolfgang Scherer
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Year of first Publication:2024
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät
Date of final exam:2022/07/28
Release Date:2024/05/29
Tag:Mehrzentrenbindung; Binäre Halbleiter; Multipolmodell
GND-Keyword:Elektronenmangelverbindung; Hochdrucksynthese; Elektronendichtebestimmung; Röntgenstrukturanalyse; Thermoelektrizität; Spezifische Wärmekapazität
Pagenumber:viii, 310
Institutes:Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät
Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät / Institut für Physik
Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät / Institut für Physik / Lehrstuhl für Chemische Physik und Materialwissenschaften
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 53 Physik / 530 Physik
5 Naturwissenschaften und Mathematik / 54 Chemie / 540 Chemie und zugeordnete Wissenschaften
Licence (German):Deutsches Urheberrecht