Türkische Außenpolitik nach dem Ende des Ost-West-Konflikts: Außenpolitische Kontinuität und Neuorientierungen zwischen der EU-Integration und neuer Regionalpolitik

Turkish Foreign Policy after the End of the Cold War: Continuity and New Orientations between the EU-Integration and the New Regional Policy

  • Die Türkei als ein Staat zwischen drei geopolitisch relevanten Regionen, nämlich zwischen Europa, dem Nahen Osten und dem Kaukasus – sowie ferner Zentralasien – oder wie die türkischen Führungseliten die geographische Lage des Landes wahrnehmen, als eine Brücke zwischen Europa und Asien sowie zwischen den abendländischen und muslimisch geprägten Kulturen, war und ist stets eines der Zentren des weltpolitischen Interesses und Geschehens. Seit tausend Jahren waren verschiedene unabhängige türkische Staaten relevante Akteure dieser Regionen. Von dem Großen Seldschukenreich der Türken bis zum Reich der Anatolischen (Rum-) Seldschuken, von der Epoche der türkischen Fürstentümer auf der anatolischen Halbinsel bis zur Weltmacht des Osmanischen Imperiums auf drei Kontinenten und von der Gründung des türkischen Nationalstaates durch die Proklamation der Republik Türkei bis zum heutigen Tage, in dem die Türkei versucht, eine Integration in die Europäische Union und ihren Beitrag zum ProjektDie Türkei als ein Staat zwischen drei geopolitisch relevanten Regionen, nämlich zwischen Europa, dem Nahen Osten und dem Kaukasus – sowie ferner Zentralasien – oder wie die türkischen Führungseliten die geographische Lage des Landes wahrnehmen, als eine Brücke zwischen Europa und Asien sowie zwischen den abendländischen und muslimisch geprägten Kulturen, war und ist stets eines der Zentren des weltpolitischen Interesses und Geschehens. Seit tausend Jahren waren verschiedene unabhängige türkische Staaten relevante Akteure dieser Regionen. Von dem Großen Seldschukenreich der Türken bis zum Reich der Anatolischen (Rum-) Seldschuken, von der Epoche der türkischen Fürstentümer auf der anatolischen Halbinsel bis zur Weltmacht des Osmanischen Imperiums auf drei Kontinenten und von der Gründung des türkischen Nationalstaates durch die Proklamation der Republik Türkei bis zum heutigen Tage, in dem die Türkei versucht, eine Integration in die Europäische Union und ihren Beitrag zum Projekt Europa zu leisten, war und ist die türkische Staatlichkeit kontinuierlich ein teils dominierender, teils mitbeeinflussender Akteur der oben erwähnten Regionen. Politische, außenpolitische, wirtschaftliche und kulturelle Einflüsse der Türken in diesen Regionen, ganz besonders aber die imperiale und expansionistische osmanische Vergangenheit, trugen zu den heute beobachteten politischen Formationen und Konstellationen und vor allem zu den subjektiven politischen Perzeptionen der Eliten und Entscheidungsträger in der Türkei, im nahen Europa – vor allem auf der Balkanhalbinsel – sowie in der nordöstlichen Mittelmeer- und Schwarzmeerregion und in den postsowjetischen Regionen wie Kaukasus und Zentralasien bei. In der Zeitperiode seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes fanden fundamentale Änderungen in den oben genannten Weltregionen statt. Während die ehemalig sozialistischen Staaten Ost- und Südosteuropas in diesem Zeitraum ihre Integration in die Europäische Union versucht haben und sich entsprechend den politischen und wirtschaftlichen Erwartungen des westlichen Teils von Europa transformierten, gibt es nun seit der Auflösung der Sowjetunion im postsowjetischen Norden und Osten neue unabhängige, ehemals sowjetische Staaten, die ihre Eigenstaatlichkeit und somit ihre eigenen außenpolitischen Wege behaupten. Es sind wiederum in den südöstlichen und südlichen Nachbarregionen der Türkei Staaten, die zum Teil unter religiösem Fundamentalismus, zum Teil unter einem militaristisch-autoritären undemokratischen Regime oder unter Besatzung ausländischer Mächte regiert werden. Die Türkei befindet sich aufgrund ihrer peripheren geographischen Lage zwischen diesen Regionen und zugleich als ein Teil Europas wie zu Beginn des Kalten Krieges im Zentrum dieses Transformationsprozesses. Abgesehen von ihren europäischen Nachbarn Griechenland, Zypern (sowohl Nord- als auch Südzypern) und Bulgarien ist die Türkei eine Ausnahme im Hinblick auf ihre sicherheitspolitische und militärische Symbiose mit dem Westen und auf ihre eindeutige Integrationspolitik in Europa, aber auch im Hinblick auf ihr Niveau einer funktionierenden und evolutionsfähigen demokratischen Ordnung. Sie wird aufgrund ihrer geographischen Nähe und Zugehörigkeit zu Europa sowie infolge der politischen Selbstperzeption von der europäischen Integration am intensivsten beeinflusst. Die Türkei kann nicht isoliert von diesen Veränderungen in ihrer Umwelt betrachtet werden, vor allem nicht nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. Denn diese Veränderungen riefen und rufen außenpolitische (Neu-)Orientierungen, Reaktionen und Reflexe hervor und übten somit Einfluss auf die Außen- und Sicherheitspolitik, auf die ökonomische Entwicklung des Landes sowie auf die politischen und außenpolitischen Perzeption und Selbstwahrnehmung seiner Eliten und Entscheidungsträger, aber auch der türkischen Staatsbürger. Sie beeinflussen freilich auch die türkische Innenpolitik, und es wird auch am Beispiel der Türkei beobachtet, wie eng Innen- und Außenpolitik eines Landes zusammenhängen. Es ist ein politisches Faktum, dass die Konstanten bzw. Bestimmungsfaktoren der türkischen Außenpolitik, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Paradigmenwechsel in der internationalen Politik bestanden haben, ihre Gültigkeit überwiegend verloren haben, und die Beziehungen der Türkei zu den oben erwähnten Weltregionen und zu ihren einzelnen Staaten – ganz besonders die zur Europäischen Union – seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes neu geordnet werden. Die türkischen Entscheidungsträger sind seit dem Paradigmenwechsel in den internationalen Beziehungen mit der Problematik konfrontiert, dass die Türkei sich seit dem Beginn der 90er Jahre im außenpolitischen Sinne in einem Anpassungsprozess befindet, der eine Umstellung auf neue, vor allem exogene politische Änderungen in ihrer regionalen Umwelt erfordert. Es gibt daher wissenschaftlichen Bedarf, den Einfluss der bedeutsamsten Determinanten auf die Gestaltung der neuen Außenpolitik der 90er Jahre zu erforschen, die türkische Europapolitik des 21. Jahrhunderts ganz besonders im Lichte einer Perspektive der türkischen Integration in die Europäische Union zu analysieren, und die neue Regionalpolitik am Beispiel der türkischen Kaukasus- und Zentralasienpolitik sowie die möglichen Zukunftstendenzen der außenpolitischen (Neu-)Orientierung der Türkei zu untersuchen.show moreshow less
  • The collapse of the Soviet Union and the end of the Cold War and the emergence of new international conditions in the new exogenous environment have confronted the Turkish decision makers with the serious problematic of creating a new foreign policy concept. On the one hand the position of Turkey in Europe with regard to perspective of EU-Membership has changed according to the changing security policy in Europe, and Turkey was out of the EU-Enlargement. On the other hand the new conditions in the regional constellation after the end of the Cold War brought Turkey new challenges and opportunities. Especially the emergence of the former soviet republics in Caucasian and Central Asia allowed a new orientation of Turkish foreign policy and developing a new regional policy. The author analyses the Turkish policy of EU-Integration and new regional policy of Turkey in the southern regions of former Soviet Union after the end of the Cold War.

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Metadaten
Author:Efe M. Caman
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus-1230
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/72
Advisor:Theo Stammen
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
Date of final exam:2005/06/28
Release Date:2005/07/22
Tag:Türkei; Europa; Turkrepubliken; Regionalpolitik; Neuorientierung
Turkey; Europe
GND-Keyword:Türkei / Außenministerium; Türkei / Verfassung <1982>; Türkei / Putsch <1980>; Türkei / Präsident; Türkei / Nationalversammlung
Institutes:Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät / Institut für Sozialwissenschaften
Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät / Institut für Sozialwissenschaften / Politikwissenschaft
Dewey Decimal Classification:3 Sozialwissenschaften / 32 Politikwissenschaft / 320 Politikwissenschaft