Vergleichende Untersuchungen von spätbarocken Ausprägungen der Glaubenspraxis und der privaten Frömmigkeitsausübung am Beispiel zweier Gesang- und Gebetbücher aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der konfessionell geteilten Doppelstadt von Kempten und St. Mang

Comparative analysis of late baroque peculiarities in religious exercise and private exertion of piety using the example of two hymn- and prayerbooks from the first half of the 18th century in the denominationally cleft double town Kempten and St. Mang

  • Weit im Südwesten Bayerns stoßen wir auf die Provinzstadt Kempten, die seit ihrem frühen Bestehen schon immer ein regionales Oberzentrum war. Als Folge der Konfessionalisierung bilden sich dort nach der Reformation auf engstem Raume zwei miteinander konkurrierende Kommunalwesen heraus, die in ihren Lebens-, Glaubens-, Denk- und Handlungsweisen und in ihren politischen, wirtschaftlichen und theologischen Fundamenten deutlich auseinander klaffen. Das katholische Fürststift Kempten umschließt dabei die evangelische Reichsstadt Kempten (St. Mang) nicht nur geographisch, sondern auch logistisch. In der unmittelbaren Gegenüberstellung der theologischen, gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Zeitphänomene, angefangen vom Humanismus bis zur Säkularisierung und Mediatisierung im Zeitalter der Aufklärung, werden lokale Entwicklungstendenzen, heimliche Wechselwirkungen und erbittertes Konkurrenzverhalten deutlich sichtbar. Gegenstand der Untersuchungen sind zwei Gesangbücher aus derWeit im Südwesten Bayerns stoßen wir auf die Provinzstadt Kempten, die seit ihrem frühen Bestehen schon immer ein regionales Oberzentrum war. Als Folge der Konfessionalisierung bilden sich dort nach der Reformation auf engstem Raume zwei miteinander konkurrierende Kommunalwesen heraus, die in ihren Lebens-, Glaubens-, Denk- und Handlungsweisen und in ihren politischen, wirtschaftlichen und theologischen Fundamenten deutlich auseinander klaffen. Das katholische Fürststift Kempten umschließt dabei die evangelische Reichsstadt Kempten (St. Mang) nicht nur geographisch, sondern auch logistisch. In der unmittelbaren Gegenüberstellung der theologischen, gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Zeitphänomene, angefangen vom Humanismus bis zur Säkularisierung und Mediatisierung im Zeitalter der Aufklärung, werden lokale Entwicklungstendenzen, heimliche Wechselwirkungen und erbittertes Konkurrenzverhalten deutlich sichtbar. Gegenstand der Untersuchungen sind zwei Gesangbücher aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In Verbindung mit der täglichen Glaubenspraxis reflektieren ihr Aufbau, ihr Inhalt und die Verwendung als Medium der Frömmigkeit und Wegweiser einer persönlichen Erbauung anschaulich den Grad ihrer identitätsstiftenden Verinnerlichung. Dem erst vor Kurzem wiederentdeckten katholischen Gesangbuch gebührt dabei der Vorzug, eines der ersten gedruckten katholischen Glaubenszeugnisse im ländlichen süddeutschen Raume zu sein. Neben dem Katechismus und der Bibel zählen die Gesangbücher in den evangelischen Territorien seit der Reformation zu den wichtigsten Handreichungen für die private Erbauung. Praktisch und funktional erlauben sie erstmals ein zeit- und inhaltsgleiches gemeinsames Handeln der Gläubigen. Das Evangelium kann jetzt auch in gesungener Form vertieft werden und zu einem allen vertrauten Bekenntnis heranreifen. Ein besonderes Augenmerk wird auf das gesellschaftliche, kulturelle und christliche Leben im überschwänglichen Zeitalter des Barock gerichtet. Die Herrschenden berufen sich in ihrem absolutistischen Machtanspruch auf "Göttliches Recht" und protzen geradezu in Muße und Verschwendung, während in den freien Reichsstädten eine etwas zurückhaltendere, frommere Lebensart praktiziert wird. In etwas kleinerem Maßstab lassen sich all diese Leitmotive und Verhaltensmuster auch für die Doppelstadt Kempten nachweisen, denn der Vergleich dieser beiden Gesangbücher öffnet ein interessantes Zeitfenster in die Vergangenheit.show moreshow less
  • Kempten, a provincial town in the Southwest of Bavaria, has, since its early origin, always been a regional metropolis. As a result of the differing religious denominations after reformation, two rivalling parishes developed side by side within a confined area that diverged substantially in respect to their ways of life, faith, mindset and course of action. The catholic sovereign monastery "Fürststift" surrounded the protestant imperial town Kempten (St. Mang) not only geographically but also logistically. In the immediate confrontation of the theological, societal, social and economical phenomena of the time, beginning with humanism until secularization and mediatization in the age of enlightenment, local tendencies of development, secret interactions and grim competitive behaviour become evident. The subject of the analyses are two hymnbooks from the first half of the 18th century. In connection with the daily religious exercise, their composition, content and use as a medium ofKempten, a provincial town in the Southwest of Bavaria, has, since its early origin, always been a regional metropolis. As a result of the differing religious denominations after reformation, two rivalling parishes developed side by side within a confined area that diverged substantially in respect to their ways of life, faith, mindset and course of action. The catholic sovereign monastery "Fürststift" surrounded the protestant imperial town Kempten (St. Mang) not only geographically but also logistically. In the immediate confrontation of the theological, societal, social and economical phenomena of the time, beginning with humanism until secularization and mediatization in the age of enlightenment, local tendencies of development, secret interactions and grim competitive behaviour become evident. The subject of the analyses are two hymnbooks from the first half of the 18th century. In connection with the daily religious exercise, their composition, content and use as a medium of piety and guidepost for personal edification are reflecting the degree of their identity-building internalization. Only recently, the catholic hymnbook was rediscovered. It stands out as a very early evidence for catholic piety in the rural Southern German area. In the protestant territories, hymnbooks are, in addition to the catechism and the bible, among the most fundamental handouts for private edification. Practically and functionally, for the very first time they enable a simultaneous and coextensive exercise of piety by their users. The Gospel can now be engrossed in song and mature to a commonly familiar credo. Particular attention is turned to the societal, cultural and Christian life in the effusive baroque era. The rulers rely on "divine right" with their absolutistic claim to power and virtually show off in leisure and profuseness, while in the free imperial towns a more contained and pious way of life is exercised. In a smaller scale, those guiding themes and behaviour patterns can be proved for the double town Kempten as well, because the comparison of these two hymnbooks opens an interesting time frame into the past.show moreshow less

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Metadaten
Author:Manfred Gemkow
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus-17575
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/1551
Advisor:Sabine Doering-Manteuffel
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Philologisch-Historische Fakultät
Date of final exam:2011/02/15
Release Date:2011/07/27
Tag:praying book; age of baroque; history; confessionalization; folk religion (piety); practice of faith
GND-Keyword:Kempten; Konfessionalisierung; Gesangbuch; Frömmigkeit; Geschichte 1713-1749; Quelle
Institutes:Philologisch-Historische Fakultät
Philologisch-Historische Fakultät / Europäische Ethnologie / Volkskunde
Dewey Decimal Classification:3 Sozialwissenschaften / 39 Bräuche, Etikette, Folklore / 390 Bräuche, Etikette, Folklore
Licence (German):Deutsches Urheberrecht