Althofstellen als Elemente der ländlichen Siedlungsentwicklung

  • Es besteht ein allgemeiner gesellschaftlicher Konsens, dass die im Zuge des Agrarstrukturwandels frei gewordene Gebäudesubstanz mit neuen Funktionen erfüllt werden sollte, um auf diese Weise die Vitalität und Identität der Dörfer zu erhalten und den Flächenverbrauch einzudämmen. Um dieser Aufgabe besser gerecht werden zu können, zielt die vorliegende Arbeit darauf ab, den Informationsstand über die ehemals landwirtschaftlich genutzten Hofstellen (Althofstellen) und ihre Bewohner zu verbessern. Hierzu wurden in 55 zufällig ausgewählten Gemeinden Bayerns in Gesprächen mit Schlüsselpersonen 2.500 Hofstellen ermittelt, auf denen die Landwirtschaft seit etwa 1980 eingestellt wurde. Auf etwa 90 Prozent lebt noch die gleiche Familie, die früher Landwirtschaft betrieben hat. Nur 7 Prozent wurden an neue Eigentümer verkauft, die zumeist aus der näheren Umgebung stammen. 5 Prozent der Althofstellen stehen völlig leer. In 76 der 515 untersuchten Gemeindeteile wurden maximal 4 LeerständeEs besteht ein allgemeiner gesellschaftlicher Konsens, dass die im Zuge des Agrarstrukturwandels frei gewordene Gebäudesubstanz mit neuen Funktionen erfüllt werden sollte, um auf diese Weise die Vitalität und Identität der Dörfer zu erhalten und den Flächenverbrauch einzudämmen. Um dieser Aufgabe besser gerecht werden zu können, zielt die vorliegende Arbeit darauf ab, den Informationsstand über die ehemals landwirtschaftlich genutzten Hofstellen (Althofstellen) und ihre Bewohner zu verbessern. Hierzu wurden in 55 zufällig ausgewählten Gemeinden Bayerns in Gesprächen mit Schlüsselpersonen 2.500 Hofstellen ermittelt, auf denen die Landwirtschaft seit etwa 1980 eingestellt wurde. Auf etwa 90 Prozent lebt noch die gleiche Familie, die früher Landwirtschaft betrieben hat. Nur 7 Prozent wurden an neue Eigentümer verkauft, die zumeist aus der näheren Umgebung stammen. 5 Prozent der Althofstellen stehen völlig leer. In 76 der 515 untersuchten Gemeindeteile wurden maximal 4 Leerstände angetroffen. Sie konzentrieren sich im peripheren ländlichen Raum und befinden sich häufig im Eigentum von Erbengemeinschaften. Auf der Hälfte der erfassten Hofstellen wurden seit der Betriebsaufgabe Baumaßnahmen durchgeführt, womit sich die Zahl der Wohneinheiten um etwa 10 – 15 Prozent erhöhte. Die Betriebsaufgabe ist also nicht mit der Abwanderung aus dem ländlichen Raum gleich zu setzen. Dieser Überblick über Bayern wird wesentlich durch die Ergebnisse von Intensivinterviews vertieft, die der Autor mit 261 Eigentümern in 12 Dorferneuerungsgemeinden führte. Diese dienten zum einen dazu, den Gebäudebestand nach Art, Nutzung und Qualität zu erfassen. Aus der Erkenntnis heraus, dass die Umnutzung der Gebäude keineswegs nur unter ökonomischen Gesichtspunkten erfolgt, standen jedoch die Hofstellenbewohner im Mittelpunkt des Interesses und sozio-psychologische Fragen bildeten einen besonderen Schwerpunkt. In den Ortskernen der Untersuchungsgemeinden handelt es sich bei 40 Prozent der Anwesen um ehemalige oder noch aktive landwirtschaftliche Hofstellen und sie nehmen die Hälfte der Ortskernfläche ein. 71 Prozent der Althofstellen können als ortsbildprägend bezeichnet werden, wobei zwischen den einzelnen Orten große Unterschiede bestehen. Anhand der Wahrscheinlichkeit, mit der es voraussichtlich zu einer Umnutzung der Gebäude kommen wird, lassen sich sieben Eigentümergruppen unterscheiden, die im Rahmen einer Clusteranalyse ermittelt wurden. Ihnen gemeinsam ist, dass man Umnutzung als einen zeitlich und räumlich dispersen Prozess verstehen muss, der sich zumeist in kleinen Schritten vollzieht und sich über Jahrzehnte erstreckt. Das umfassende Umnutzungskonzept für die ganze Althofstelle, das in einem Zug realisiert wird, ist in den ländlichen Räumen Bayerns die absolute Ausnahme. Auf den meisten Althofstellen handelt es sich bei den Wirtschaftsgebäuden um ein Gemisch aus aktiver und extensiver Nutzung sowie Leerstand. Dementsprechend besteht die Umnutzung aus Teilaufgaben, die sich in die vorhandenen Strukturen einfügen müssen. Auch dies unterstreicht die Schlüsselstellung der Eigentümerfamilien. Für sie ist der Erhalt und die Pflege der Hofstelle immer noch eines der stärksten Handlungsmotive, weshalb auch 63 Prozent der Eigentümer Umnutzungsmaßnahmen sehr unterschiedlichen Umfangs ins Auge fassen. Dabei scheitern nicht wenige Überlegungen, aus den Wirtschaftsgebäuden Erträge zu erzielen, an der fehlenden Nachfrage nach Gebäudekapazitäten. Rund 70 Prozent der Umnutzungen oder Vererbungen erfolgen innerhalb von 30 Jahren nach der Betriebsaufgabe. Der Übergang von den heutigen Eigentümern auf die Nachfolgergeneration wird bei den untersuchten Althofstellen bis etwa 2050 dauern. Dabei ist mit einer starken Zunahme der Verkaufsangebote zu rechnen, ohne dass sich eine entsprechende Nachfrage abzeichnet. Das Thema neue Funktionen für alte Gebäude wird damit noch über Jahrzehnte aktuell bleiben. Angesichts der Differenziertheit der einzelnen Umnutzungsaufgaben ist eine direkte Beeinflussung von Außen in Form von Förderprogrammen oder (Bau-)vorschriften wenig Erfolg versprechend. Allein die Dorferneuerung wirkt anregend und unterstützend. Bei 95 Prozent der Althofstellen geht es darum, es ihren jetzigen oder künftigen Eigentümern zu ermöglichen, weiterhin auf der Althofstelle zu leben. Wie der Vergleich zwischen den Gemeinden im Umfeld der Verdichtungsräume mit denen aus dem peripheren Raum zeigt, ist die vitale, wirtschaftlich starke, gut ausgestattete Gemeinde die beste Grundlage für den Erhalt und die Umnutzung der Althofstellen. Diese Gemeinden sind auch am ehesten in der Lage, mit den ca. 5 Prozent Leerständen umzugehen. Langfristig betrachtet muss man sich darauf besinnen, dass es eine der großen Stärken der Althofstellen ist, viel Raum zur Entfaltung der unterschiedlichsten Aktivitäten zu bieten. Damit eignen sie sich insbesondere für kreative Menschen, die unabhängig, aber doch in Gemeinschaft leben möchten, die ihr Leben selbst gestalten wollen und die die Nähe zur Natur suchen. Sie bieten damit eine positive Alternative zum Leben in der Stadt, auch und gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um Nachhaltigkeit.show moreshow less
  • Broad consensus prevails in society that rural areas buildings, due to structural changes in agricultural activities no longer used for their original purposes, should be transferred to new functions. To facilitate such transfers the present thesis has the objective to extend information and improve the level of information on farm-steads formerly used for agricultural purposes and their inhabitants. To attain this objective 2500 farm-steads in which agricultural activities had ceased around 1980 have been selected by interviews with key personalities in 55 randomly chosen communities in Bavaria. About 90 percent of the properties are still lived on by the same families that originally had performed agricultural activities there. Only 7 percent of the farm-steads have been sold, mostly to owners from the neighbourhood. 5 percent of such farm-steads are left completely empty. Up to four such unused buildings were found in 76 out of a total of 515 investigated localities. They areBroad consensus prevails in society that rural areas buildings, due to structural changes in agricultural activities no longer used for their original purposes, should be transferred to new functions. To facilitate such transfers the present thesis has the objective to extend information and improve the level of information on farm-steads formerly used for agricultural purposes and their inhabitants. To attain this objective 2500 farm-steads in which agricultural activities had ceased around 1980 have been selected by interviews with key personalities in 55 randomly chosen communities in Bavaria. About 90 percent of the properties are still lived on by the same families that originally had performed agricultural activities there. Only 7 percent of the farm-steads have been sold, mostly to owners from the neighbourhood. 5 percent of such farm-steads are left completely empty. Up to four such unused buildings were found in 76 out of a total of 515 investigated localities. They are mostly located at the peripheral rural area and are frequently owned by a community of heirs. Building measures have been carried out on half of such farm-steads increasing the number of housing units by 10 to 15 percent in the process. Closing down the agricultural activities does therefore not automatically mean moving away from rural areas. This overview on the situation of such farm-steads in Bavaria has significantly been intensified and broadened by the results of in-depth interviews the author has conducted with 261 owners in 12 communities having undergone village renewal. The interviews served the purpose to collect the stock of buildings according to type, use and quality. Bearing in mind that the conversion of a building is by no means only undertaken for economic reasons, the interviews concentrated on the interests of inhabitants, special attention being given to social, sociological and psychological issues. In the center of rural localities investigated 40 percent of the properties are former or still active farm-steads occupying about 50 percent of the total area of the community. As an average, 71 percent of such farm-steads can be considered essential for the character of the locality, although there are big differences between individual localities. In a cluster analysis seven groups of owners were defined by their prospective likelihood to change use and function of their buildings in the future. Common to them was that the conversion was considered as a process spread out in time and space, extending over decades and mostly developing in small steps only. A comprehensive concept for the conversion of all buildings, equipment, fittings etc. of such a farm-stead in only one move is the absolute exception in rural areas in Bavaria. The different buildings for farming activities in most of such farm-steads are, at the same time, either actively and extensively used or unused and vacant. Accordingly the conversion consists of a variety of small jobs that step by step have to be accommodated into existing structures. This also emphasizes the key position of the owner's family. For them preservation and maintenance of such a farm-stead is still one of the most powerful motives leading to the fact that 63 percent of them plan conversion measures of very different extent. Not few of their considerations to generate earnings from their farm buildings fail, however, due to little demand on the property market. About 70 percent of conversions of buildings or changes of ownership due to inheritance take place within 30 years after the farming activities had ceased. The transfer of property from today's owners to the next generation will take place before about the year 2050. A significant increase in the number of offers for sale will encounter a market without appropriate demand. The topic "New Functions for Old Buildings" will therefore remain an issue for decades to come. In view of the diversity of aims, forms and details of individual conversions direct interference from outside, e. g. in the form of public programmes or (building) regulations, will have little impact. Only village renewal programmes are successful stimulants and measures of support. In 95 percent of all such farm-steads it is essential to enable present and future owners to go on living on their property. Comparing communities in the periphery of urban agglomerates and communities in peripheral areas shows that the vital, economically strong and well established community is the best basis for the preservation and conversion of such farm-steads. These communities are also best prepared to deal with the 5 percent of farm buildings unused and vacant at the present time. It is essential to recollect that in the long run a big advantage of farm-steads formerly used for agricultural purposes lies in the fact that they provide much room for most diverging activities. For this reason they are best suited for creative people who wish to live independently, yet in a community, who intend to structure their life individually and who wish to stay in natural surroundings. Such farm-steads offer a positive alternative to urban life, particularly against the background of sustainability.show moreshow less

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Metadaten
Author:Peter Neumann
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus4-19128
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/1912
Advisor:Markus Hilpert
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Fakultät für Angewandte Informatik
Date of final exam:2012/04/20
Release Date:2012/07/12
Tag:Althofstelle; Leerstand; Umnutzung
farm stead; renewal
GND-Keyword:Ländliche Siedlung; Nutzungsänderung; Landwirtschaft; Dorf; Ländlicher Raum; Bayern; Bauernhof; Landwirtschaftlicher Betrieb
Institutes:Fakultät für Angewandte Informatik
Fakultät für Angewandte Informatik / Institut für Geographie
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 55 Geowissenschaften, Geologie / 550 Geowissenschaften
Licence (German):Deutsches Urheberrecht mit Print on Demand