Zwei süddeutsche Orgeln aus dem frühen 17. Jahrhundert: Quellenforschung, Dokumentation, kulturhistorische Interpretation

  • Ausgangspunkt der Dissertation sind zwei süddeutsche Orgeln des frühen 17. Jahrhunderts, die in Forschungsprojekten mit unterschiedlichen Zielsetzungen dokumentiert wurden, bevor sie einer Konservierung bzw. einem Rückbau unterzogen werden sollten. Die Arbeit fasst im ersten Band alte und neue Erkenntnisse zur jeweiligen Geschichte der beiden Instrumente zusammen, die bei Archivrecherchen und durch Abgleich der Befunds-Analysen am Instrument mit den gefundenen Archivalien gewonnen wurden. Diese Erkenntnisse stellt sie durch vergleichende Studien mit zeitgenössischen erhaltenen Orgeln in einen größeren orgelbaugeschichtlichen Zusammenhang, der wiederum durch Fragen an den musikgeschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext mit Schwerpunkt auf der Reformation und ihrer Folgen für Orgelgebrauch und –bau erweitert wird. Die Marx Günzer-Orgel in Gabelbach bei Augsburg und die Thalkirchner Orgel im Deutschen Museum in München gehören zu den wenigen noch erhaltenen Orgeln des frühen 17.Ausgangspunkt der Dissertation sind zwei süddeutsche Orgeln des frühen 17. Jahrhunderts, die in Forschungsprojekten mit unterschiedlichen Zielsetzungen dokumentiert wurden, bevor sie einer Konservierung bzw. einem Rückbau unterzogen werden sollten. Die Arbeit fasst im ersten Band alte und neue Erkenntnisse zur jeweiligen Geschichte der beiden Instrumente zusammen, die bei Archivrecherchen und durch Abgleich der Befunds-Analysen am Instrument mit den gefundenen Archivalien gewonnen wurden. Diese Erkenntnisse stellt sie durch vergleichende Studien mit zeitgenössischen erhaltenen Orgeln in einen größeren orgelbaugeschichtlichen Zusammenhang, der wiederum durch Fragen an den musikgeschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext mit Schwerpunkt auf der Reformation und ihrer Folgen für Orgelgebrauch und –bau erweitert wird. Die Marx Günzer-Orgel in Gabelbach bei Augsburg und die Thalkirchner Orgel im Deutschen Museum in München gehören zu den wenigen noch erhaltenen Orgeln des frühen 17. Jahrhunderts. Die Marx Günzer-Orgel wurde 1609 für die evangelische Kirche Zu den Barfüßern in Augsburg gebaut. Die Kosten dafür brachten Gemeindemitglieder auf, die sich die Orgel zur festlicheren musikalischen Ausgestaltung ihrer Gottesdienste wünschten. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Orgel nach Gabelbach bei Augsburg transferiert. Grund war der Wunsch nach einer neuen Orgel, die der berühmte Augsburger Silbermann-Schüler und Orgel- und Klavierbauer Johann Andreas Stein errichten sollte. So kam das damals 150-jährige Werk nach Gabelbach und wurde dort in verschiedenen späteren Umbauten sowohl an seinem technischen Werk als auch klanglich stark verändert. Die Thalkirchner Orgel wurde 1630 von einem namentlich nicht bekannten Erbauer – vermutlich vom Münchner Orgelbauer Hans Lechner – für die katholische Wallfahrtskirche St. Maria Thalkirchen vor den Toren Münchens gebaut. Die Kosten dafür konnten aus den Einnahmen der Opferstöcke bestritten werden, die aufgrund der im Zuge der Gegenreformation aufblühenden Marienwallfahrt sehr hoch waren. Abgesehen von Beschädigungen durch die Schweden kurz nach ihrer Erbauung und einer Tieferstimmung zu Beginn des 19. Jahrhunderts blieb die Thalkirchner Orgel unverändert erhalten. Als die Kirche 1908 erweitert werden sollte, erkannte der damit beauftragte Architekt Gabriel von Seidl den historischen Wert der Orgel und bemühte sich darum, sie einem Museum anzuvertrauen. Im 2. Weltkrieg wurde sie durch Bombenangriffe auf das Museum ein weiteres Mal beschädigt und in den 50er Jahren unter schwierigen Nachkriegsbedingungen wieder in Stand gesetzt. Mit dem 20. Jahrhundert beginnt auch die Geschichte der Orgeldenkmalpflege. Hier bestand vorerst nur am Gehäuse einer Orgel ein Interesse, wenn es von kunsthistorischem Wert war – der Grund, weshalb das Bayerische Nationalmuseum die Thalkirchner Orgel ablehnte. Bald erweiterte sich mit der beginnenden Wiederentdeckung der historischen Aufführungspraxis der Denkmalwert der Orgel auch auf den Klang und ab dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts schließlich auch auf die Technik, die der Klangerzeugung zu Grunde liegt. Beide Orgeln erfuhren in dieser Zeit der beginnenden Orgeldenkmalpflege höchst unterschiedliche Wertschätzungen: Die Thalkirchner Orgel wurde im Deutschen Museum zur ersten Denkmalorgel, die weit vor der allgemeinen Entwicklung als historisches Klang- und Technikdenkmal gesehen wurde, der kunsthistorische Wert des Gehäuses spielte sogar keinerlei Rolle. Die Marx Günzer-Orgel dagegen wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht als Instrument des frühen 17. Jahrhunderts wahrgenommen, sondern als Werk von Johann Andreas Stein. Dies rettete ihr zwar einerseits die Existenz, andererseits musste sie weitgehende Überformungen wie eine Pneumatisierung und den Zubau mehrerer Register im Stil "Silbermann-Stein" und damit eine starke klangliche Veränderung erdulden. Intensive naturwissenschaftliche Forschungen und Bestandsdokumentationen, wie sie heute an verschiedenen Stellen an historischen Orgeln unternommen werden, spiegeln das heutige Bemühen um das Verstehen und die Bewahrung dieses komplexen Kulturguts wider. In den beiden weiteren Bänden der Dissertation wird ausgewähltes Material der Dokumentationen beider Instrumente weiteren Forschungen und Fragestellungen zum süddeutschen Orgelbau des frühen 17. Jahrhunderts zur Verfügung gestellt.show moreshow less

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Metadaten
Author:Angelika Margarete Madelung
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus4-25031
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/2503
Advisor:Franz Körndle
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
Date of final exam:2012/02/09
Release Date:2014/03/06
GND-Keyword:Orgel; Lechner, Hans; Günzer, Marx; Sankt Martin, Gabelbach; Sankt Maria, München-Thalkirchen
Institutes:Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät / Musik
Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät / Musik / Musikwissenschaft
Dewey Decimal Classification:7 Künste und Unterhaltung / 78 Musik / 780 Musik
Licence (German):Deutsches Urheberrecht mit Print on Demand