Experimentelle und modellhafte Betrachtung des Konsolidierungsprozesses von carbonfaserverstärktem Polyamid-6

  • Thermoplaste bieten als Matrixmaterial in carbonfaserverstärkten Kunststoffen einige Vorteile gegenüber den duroplastischen Matrixsystemen. Insbesondere im Bereich der Verarbeitung ermöglicht die Schmelzbarkeit der thermoplastischen Matrix Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse, die mit Duroplasten nicht möglich sind. Als mögliches thermoplastisches Matrixmaterial zeigt Polyamid-6 (PA-6) einige materialspezifische Besonderheiten, die bei der Verarbeitung und der Prozesssimulation berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen die hohe Wasseraufnahme, die Polymorphie - also die Ausbildung einer Mikrostruktur aus amorpher, alpha- und gamma-Phase - und die niedrige Viskosität im Vergleich zu den typischen Hochleistungsthermoplasten. Diese Besonderheiten führen dazu, dass eine Modellierung des Konsolidierungsprozesses von carbonfaserverstärktem PA-6 mit den in der Literatur etablierten Modellen nur unvollständig möglich ist. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher eine Erweiterung der gängigenThermoplaste bieten als Matrixmaterial in carbonfaserverstärkten Kunststoffen einige Vorteile gegenüber den duroplastischen Matrixsystemen. Insbesondere im Bereich der Verarbeitung ermöglicht die Schmelzbarkeit der thermoplastischen Matrix Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse, die mit Duroplasten nicht möglich sind. Als mögliches thermoplastisches Matrixmaterial zeigt Polyamid-6 (PA-6) einige materialspezifische Besonderheiten, die bei der Verarbeitung und der Prozesssimulation berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen die hohe Wasseraufnahme, die Polymorphie - also die Ausbildung einer Mikrostruktur aus amorpher, alpha- und gamma-Phase - und die niedrige Viskosität im Vergleich zu den typischen Hochleistungsthermoplasten. Diese Besonderheiten führen dazu, dass eine Modellierung des Konsolidierungsprozesses von carbonfaserverstärktem PA-6 mit den in der Literatur etablierten Modellen nur unvollständig möglich ist. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher eine Erweiterung der gängigen Modelle vorgenommen, um eine realitätsnahe Abbildung des Konsolidierungsprozesses zu gewährleisten. Dabei wurden drei Effekte des Konsolidierungsvorgangs berücksichtigt: Das Auftreten von Dekonsolidierung aufgrund von textilen Spannungen und Feuchtigkeit in der Matrix, die Kontaktentwicklung zwischen zwei Fügepartnern und die Kristallisation des Polymers. Beim Aufheizen der Matrix während des Umformens können Spannungen im Fasertextil relaxieren und gelöstes Wasser aus dem Polymer entweichen. Beide Effekte führen zu einem Anwachsen der Porosität im Material. Mit Hilfe von Dekonsolidierungsversuchen konnte gezeigt werden, dass der Laminataufbau das Dekonsolidierungsverhalten beeinflusst. µ-CT Messungen zeigen, dass untersuchte unidirektionalen Laminate eine maximale Porosität von etwa 5% aufweisen, während im bidirektionalen Aufbau eine Porosität von maximal 1,2% zu finden ist. Mit Hilfe etablierter Modellvorstellung konnte dies auf die Faserverteilung in den Laminaten zurückgeführt werden. Dazu wurde das Modell von Ye et al. im Rahmen der Arbeit lokal auf Faserkonfigurationen angewandt, die mittels Materialographie ermittelt wurden. Dekonsolidierungsversuche an trockenen und konditionierten Laminaten können die etablierte Modellvorstellung, dass das Dekonsolidieren hauptsächlich auf das Relaxieren des Fasertextils zurückzuführen ist, für carbonfaserverstärktes PA-6 nicht bestätigen. Es zeigt sich, dass der Beitrag der im Polymer gelösten Feuchtigkeit nicht vernachlässigt werden kann. Eine Erweiterung der Modelle hinsichtlich feuchtigkeitsbedingter Porenentwicklung, z.B. durch die Modellvorstellung von Anderson und Altan, ist notwendig. Eine Monte-Carlo Simulation der Porenverteilung zeigt, dass die Probengeometrie eine Randbedingung an die maximale geschlossene Porosität darstellt. Nach dem Aufschmelzen erfolgt während des Pressprozesses eine Ausbildung physikalischen Kontaktes zwischen Tapes oder Fügepartnern. Dieser Vorgang ist die Grundlage für die Diffusion der Polymerketten über die Grenzflächen der Fügepartner und damit für die Ausbildung einer mechanisch belastbaren Grenzfläche. Experimentell konnte gezeigt werden, dass die Kontaktentwicklung zwischen carbonfaserverstärkten PA-6 innerhalb weniger Sekunden stattfindet. Ein Vergleich experimenteller Ergebnisse und Modellvorhersagen zeigt, dass Kontaktentwicklungsmodelle nicht in der Lage sind, die Dynamik des Prozesses ausreichend zu beschreiben. Eine Erweiterung des Modells von Lee und Springer durch die Berücksichtigung der Oberflächenspannung verbessert die Modellvorhersagen deutlich. Insbesondere die geringe Viskosität von PA-6 erhöht den Beitrag der Oberflächenspannung zur Kontaktentwicklung. Der Konsolidierungsprozess endet mit dem Abkühlen des Verbundes auf Temperaturen unterhalb der Kristallisationstemperatur. Dabei bildet sich in Abhängigkeit der Abkühlraten in der Matrix eine polymorphe Mikrostruktur aus, die lokal variiert. Eine Analyse von Temperaturverteilungen während Abschreckversuchen hat gezeigt, dass die Unterschiede in der Kristallinität zwischen additivfreien und additivfreien carbonfaserverstärkten PA-6 Proben auf die Erhöhung der thermischen Leitfähigkeit durch die Carbonfasern zurückgeführt werden kann. Eine Nukleationswirkung der Fasern konnte nicht nachgewiesen werden. Modellansätze, die die Kristallisation während des Abkühlens der carbonfaserverstärkten thermoplastischen Matrix beschreiben, berücksichtigen weitgehend lediglich die Gesamtkristallinität des Materials. Eine lokale Variation bzw. eine Zusammensetzung der Matrix aus unterschiedlichen Phasen wird dabei meist nicht berücksichtigt. Im Rahmen der Arbeit wurde eine Beschreibung gefunden, die die Vorhersage einer Ausbildung polymorpher Phasenzusammensetzung und damit der Kern-Mantel-Struktur ermöglicht. Mit Hilfe des Kristallisationsmodells konnte bestätigt werden, dass der Einfluss der Carbonfasern auf die Kühlratenabhängigkeit der Kristallisation gering ist.show moreshow less

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Metadaten
Author:Thomas Guglhör
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus4-43380
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/4338
Advisor:Markus G. R. Sause
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Year of first Publication:2017
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät
Date of final exam:2017/06/22
Release Date:2017/10/25
GND-Keyword:Polyamid 6; Kohlenstofffaserverstärkter Thermoplast; Kristallisation; Konsolidierung; Tapelegen
Institutes:Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät
Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät / Institut für Physik
Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät / Institut für Materials Resource Management
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 53 Physik / 530 Physik
6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 66 Chemische Verfahrenstechnik / 660 Chemische Verfahrenstechnik
Licence (German):Deutsches Urheberrecht