Eine ganzheitliche Betrachtung von Maßnahmen zur Förderung potamodromer Fischarten in subalpinen Flüssen am Beispiel der mittleren Iller: Fischaufstiegsbewegungen durch Fischwanderhilfen, deren Eignung als Lebensräume und Auswirkungen von Restaurierungsmaßnahmen kiesiger Gewässerstrukturen

  • An einer aus fünf Laufwasserkraftwerken bestehenden Kraftwerkskette an der Iller zwischen Altusried und Lautrach (Illerstufen 4 - 8; Schwaben, Bayern) mit einer Fließgewässerlänge von 25 Fkm wurden in drei Kraftwerksunterwasserstrecken mit verschiedenen Methoden auf einer Länge von jeweils rund 300 m kiesige Gewässerstrukturen geschaffen. Zudem wurden alle Kraftwerke mit Fischwanderhilfen durchgängig gestaltet. In einem Monitoringprogramm wurde der Erfolg der verschiedenen Methoden zur Schaffung kiesiger Gewässerstrukturen zur Förderung rheophiler Fischarten, Wanderbewegungen potamodromer Fischarten durch die fünf Fischwanderhilfen und das gesamte Untersuchungsgebiet sowie die Eignung und Nutzung der Fischwanderhilfen als Schlüsselhabitate für verschiedene Fischarten untersucht. Dazu wurden von August 2016 bis Ende 2019 die Fischbestände von 1.500 m langen Gewässerstrecken unterhalb der Kraftwerke sowie in den Fischwanderhilfen mehrmals jährlich erhoben. Die Aufstiegsbewegungen durchAn einer aus fünf Laufwasserkraftwerken bestehenden Kraftwerkskette an der Iller zwischen Altusried und Lautrach (Illerstufen 4 - 8; Schwaben, Bayern) mit einer Fließgewässerlänge von 25 Fkm wurden in drei Kraftwerksunterwasserstrecken mit verschiedenen Methoden auf einer Länge von jeweils rund 300 m kiesige Gewässerstrukturen geschaffen. Zudem wurden alle Kraftwerke mit Fischwanderhilfen durchgängig gestaltet. In einem Monitoringprogramm wurde der Erfolg der verschiedenen Methoden zur Schaffung kiesiger Gewässerstrukturen zur Förderung rheophiler Fischarten, Wanderbewegungen potamodromer Fischarten durch die fünf Fischwanderhilfen und das gesamte Untersuchungsgebiet sowie die Eignung und Nutzung der Fischwanderhilfen als Schlüsselhabitate für verschiedene Fischarten untersucht. Dazu wurden von August 2016 bis Ende 2019 die Fischbestände von 1.500 m langen Gewässerstrecken unterhalb der Kraftwerke sowie in den Fischwanderhilfen mehrmals jährlich erhoben. Die Aufstiegsbewegungen durch die Fischwanderhilfen wurden mit reusenähnlichen Zählbecken dokumentiert. Sowohl bei den Elektrobefischungen als auch dem Monitoring der Aufstiegsbewegungen durch die Fischwanderhilfen wurden Fische spezifisch für den Fangort mit Druckinjektionen von Farbstoffen markiert. Bei den Fischbestandserhebungen wurden Bestandszunahmen von verschiedenen Arten und Altersklassen in den untersuchten Flussabschnitten dokumentiert, vor allem von Äsche (Thymallus thymallus) und Barbe (Barbus barbus). Verschiedene Fischarten nutzen die Habitate in den naturnahen Fischwanderhilfen und dem Hauptfluss höchst unterschiedlich. Einzelne Arten verbringen bestimmte Phasen des Lebenszyklus primär in einem der beiden Gewässerkompartimente. Es wurde nachgewiesen, dass naturnahe Fischwanderhilfen als Laichhabitat für kieslaichende Fischarten sowie als Juvenil- und Sommerhabitat eine wichtige Rolle spielen können. Mit Farbmarkierungen wurden Aufstiegsbewegungen über bis zu vier Fischwanderhilfen hinweg nachgewiesen. Besonders Flussbarsche (Perca fluviatilis), Barben und Döbel (Squalius cephalus) stiegen in hohen Individuenzahlen über mehrere Fischwanderhilfen hinweg auf. Ebenso wurden Wanderbewegungen über mehrere Fischwanderhilfen auch von stagnophilen Arten wie der Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) aufgezeigt. Es wurden auch Abstiegsbewegungen markierter Fische über die Wehranlagen hinweg dokumentiert, in hohen Anteilen besonders von Salmoniden wie Bachforelle (Salmo trutta fario), Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), Huchen (Hucho hucho) und Saibling (Salvelinus sp.). In den fünf Zählbecken wurden 50.195 Fische aus 30 Arten nachgewiesen. Es wurden mit Generalisierten Linearen Modellen für 17 Fischarten signifikante Zusammenhänge des zeitlichen Musters der in den Zählbecken nachgewiesenen Individuenzahlen mit unterschiedlichen Umweltfaktoren dokumentiert. Die Haupteinflussfaktoren auf die Aufstiegsbewegungen unterscheiden sich zwischen verschiedenen Fischarten und Altersklassen, ebenso deren Reaktion auf signifikante Umweltfaktoren. Bei zahlreichen Arten und Altersklassen wurde jedoch besonders ein Zusammenhang der dokumentierten Individuenzahlen in den Zählbecken mit der Wassertemperatur und Tageslänge aufgezeigt. Die Tageslängen und Wassertemperaturen mit den höchsten Aufstiegszahlen adulter Individuen zeigten dabei bei zahlreichen Arten einen Zusammenhang mit den in bestehender Literatur angegebenen Wassertemperaturen und Zeiträumen der Laichzeit. Besonders bei juvenilen Cypriniformes wurden ausgeprägte Aufstiegsbewegungen im Hochsommer bei hohen Wassertemperaturen nachgewiesen. Aus den Ergebnissen der Untersuchungen der vorliegenden Arbeit wurde ein auf andere Gewässer übertragbares Konzept zur Förderung potamodromer Fischarten in staugeprägten Fließgewässern erarbeitet, welches auf drei Säulen basiert. Als erste Säule müssen Schlüsselhabitate für rheophile Fischarten im Hauptfluss geschaffen werden. Die zweite Säule wird von der Durchgängigkeit mittels Fischwanderhilfen und in natürliche Seitengewässer gebildet. Ist diese sichergestellt, wird die dritte Säule von Schlüsselhabitaten in Fischwanderhilfen und natürlichen Nebengewässern geschaffen, hier sind besonders Laich-, Larval- und Juvenilhabitate von großer Bedeutung. Diese dürfen jedoch nicht die Passierbarkeit der Fischwanderhilfen einschränken. Von bestimmten Arten wie der Nase (Chondrostoma nasus) wurden auch nach Schaffung geeigneter Laichhabitate im Hauptfluss weiterhin die Laichhabitate in den Fischwanderhilfen genutzt. Barben (Barbus barbus) nutzten während des Untersuchungszeitraums in keiner der Fischwanderhilfen die geschaffenen Kieslaichplätze, eine Fortpflanzung fand ausschließlich im Hauptfluss statt. Die ausbleibende Verbesserung des Fischbestands in der Versuchsstrecke unterhalb der nicht restaurierten Illerstufe 8 zeigt, dass in stark anthropogen degradierten Gewässerstrecken eine alleinige Schaffung von Schlüsselhabitaten in Fischwanderhilfen zur Förderung rheophiler Fischarten nicht ausreichend ist. Da belegt wurde, dass verschiedene untersuchte Fischarten Schlüsselhabitate ihrer Lebenszyklen auf artspezifisch unterschiedliche Art und Weise sowohl im Hauptfluss als auch in Nebengewässern nutzen, müssen bei Restaurierungsprojekten die Anforderungen der Zielfischarten auf Artebene betrachtet werden. Mit den Daten der vorliegenden Arbeit wurde dokumentiert, dass habitatschaffende Maßnahmen sowohl im Hauptfluss als auch in Nebengewässern, wie z. B. naturnah konstruierten Fischwanderhilfen, umgesetzt werden müssen, um potamodrome Fischarten zu fördern.show moreshow less

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Metadaten
Author:Tobias Epple
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus4-839541
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/83954
Advisor:Arne Friedmann
Type:Doctoral Thesis
Language:German
Year of first Publication:2021
Publishing Institution:Universität Augsburg
Granting Institution:Universität Augsburg, Fakultät für Angewandte Informatik
Date of final exam:2021/02/22
Release Date:2021/03/22
Tag:Gewässerrestaurierung; potamodrom; Fischwanderhilfe; Fischwanderbewegungen; Fische; Fließgewässer; Gewässersanierung; Fischwanderung; Laichwanderung; Fischaufstieg; Fischaufstiegsanlage; Wasserkraft
GND-Keyword:Gewässerkunde; Bayern; Iller; Fischwanderung; Hydrogeografie; Kies
Institutes:Fakultät für Angewandte Informatik
Fakultät für Angewandte Informatik / Institut für Geographie
Fakultät für Angewandte Informatik / Institut für Geographie / Professur für Physische Geographie (Biogeographie)
Dewey Decimal Classification:9 Geschichte und Geografie / 91 Geografie, Reisen / 910 Geografie, Reisen
Licence (German):Deutsches Urheberrecht