Validierung innerklinischer Sichtungsalgorithmen für den Massenanfall von Verletzten – eine simulationsbasierte Studie – deutsche Version

  • Hintergrund Die situationsbedingte Verknappung medizinischer Ressourcen endet bei einem Massenanfall von Verletzen (MANV) lageabhängig nicht mit dem Abtransport der Patienten von der Einsatzstelle. Folglich ist in den aufnehmenden Kliniken eine Eingangssichtung erforderlich. Ziel dieser Studie war es im ersten Schritt einen Referenz‐Patientenvignettensatz mit definierten Sichtungskategorien zu erstellen. Dies erlaubte im zweiten Schritt, die rechnergestützte Evaluation der diagnostischen Güte klinischer Sichtungsalgorithmen für MANV-Lagen. Methodik In einen mehrstufigen Bewertungsprozess durch zunächst sechs, später 36 Sichtungsexperten gingen 250 in der Übungspraxis validierte Fallvignetten ein. Diese Algorithmen – unabhängige Expertenbewertung aller Vignetten – dienten als Goldstandard für die Analyse der diagnostischen Güte der folgenden innerklinischen Algorithmen: Manchester Triage System (MTS Modul MANV), Emergency severity Index (ESI), Berliner Sichtungsalgorithmus (BER),Hintergrund Die situationsbedingte Verknappung medizinischer Ressourcen endet bei einem Massenanfall von Verletzen (MANV) lageabhängig nicht mit dem Abtransport der Patienten von der Einsatzstelle. Folglich ist in den aufnehmenden Kliniken eine Eingangssichtung erforderlich. Ziel dieser Studie war es im ersten Schritt einen Referenz‐Patientenvignettensatz mit definierten Sichtungskategorien zu erstellen. Dies erlaubte im zweiten Schritt, die rechnergestützte Evaluation der diagnostischen Güte klinischer Sichtungsalgorithmen für MANV-Lagen. Methodik In einen mehrstufigen Bewertungsprozess durch zunächst sechs, später 36 Sichtungsexperten gingen 250 in der Übungspraxis validierte Fallvignetten ein. Diese Algorithmen – unabhängige Expertenbewertung aller Vignetten – dienten als Goldstandard für die Analyse der diagnostischen Güte der folgenden innerklinischen Algorithmen: Manchester Triage System (MTS Modul MANV), Emergency severity Index (ESI), Berliner Sichtungsalgorithmus (BER), die prähospitalen Algorithmen PRIOR und mSTaRT, sowie zwei Projektalgorithmen aus einer Kooperation des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit dem Haschemitischen Königreich Jordanien – innerklinischer jordanisch-deutscher Projektalgorithmus (JorD) und prähospitaler Sichtungsalgorithmus (PETRA). Jede Patientenvignette durchlief computergestützt eine Sichtung durch alle angegeben Algorithmen, um vergleichend die Testgüte für alle Verfahren zu erheben. Ergebnisse Von den ursprünglich 250 Vignetten konnte eine Sichtungsreferenzdatenbank mit 210 Patientenvignetten algorithmenunabhängig validiert werden. Diese bildeten den Goldstandard für den Vergleich der analysierten Sichtungsalgorithmen. Die Sensitivitäten für die innerklinische Detektion von Patienten der Sichtungskategorie I lagen zwischen 1,0 (BER, JorD, PRIOR) und 0,57 (MANV-Modul MTS). Die Spezifitäten lagen zwischen 0,99 (MTS und PETRA) und 0,67 (PRIOR). Gemessen am Youden-Index ergab sich bei BER (0,89) und JorD (0,88) die beste Gesamtperformance für die Detektion von Patienten der Sichtungskategorie I. Eine Übertriage ist am ehesten bei PRIOR, eine Untertriage beim MANV-Modul von MTS zu erwarten. Bis zum Entscheid SK I benötigen die Algorithmen folgende Schrittanzahlen (Median [IQR]): ESI 1 [1–2]; JorD 1 [1–4]; PRIOR 3 [2–4]; BER 3 [2–6]; mSTaRT 3 [3–5]; MTS 4 [4–5]; PETRA 6 [6–8]. Für die SK II und III besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Schrittanzahl bis zum Entscheid und der Testgüte. Schlussfolgerung In der vorliegenden Studie konnte eine Übertragbarkeit prähospitaler algorithmenbasierter Vorsichtungsergebnisse auf die Ergebnisse klinischer Algorithmen gezeigt werden. Die höchste diagnostische Güte für die innerklinischen Sichtung lieferten BER und JorD, die allerdings auch die meisten Algorithmusschritte bis zum Entscheid benötigen.show moreshow less

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Metadaten
Author:Axel R. HellerORCiDGND, Tobias Neidel, Patrick J. Klotz, André Solarek, Barbara Kowalzik, Kathleen Juncken, Christan Kleber
URN:urn:nbn:de:bvb:384-opus4-1058678
Frontdoor URLhttps://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/105867
ISSN:2731-6858OPAC
ISSN:2731-6866OPAC
Parent Title (German):Die Anaesthesiologie
Publisher:Springer Science and Business Media LLC
Place of publication:Berlin
Type:Article
Language:German
Year of first Publication:2023
Publishing Institution:Universität Augsburg
Release Date:2023/07/11
Tag:Anesthesiology and Pain Medicine
Volume:72
Issue:7
First Page:467
Last Page:476
Peer reviewed:no
DOI:https://doi.org/10.1007/s00101-023-01291-3
Institutes:Medizinische Fakultät
Medizinische Fakultät / Universitätsklinikum
Medizinische Fakultät / Lehrstuhl für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Licence (German):CC-BY 4.0: Creative Commons: Namensnennung (mit Print on Demand)