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Der Beitrag verbindet aktuelle Diskussionen um soziale Reproduktion mit einer Diskussion zu den »Überflüssigen«. Theorien der sozialen Reproduktion gehen tendenziell davon aus, dass kapitalistische Produktion und soziale Reproduktion über Lohnarbeit funktional vermittelt sind. Dagegen konstatieren Publikationen über die surplus society, dass große Teile der Weltbevölkerung nach wie vor kaum mittels kapitalistischer Lohnarbeit in den globalen Kapitalismus integriert sind. Diese Diagnose belege ich datenbasiert und vertrete die These, dass wir für ein Verständnis der Konflikte um soziale Reproduktion im Globalen Süden die Rolle des bedarfsökonomischen Sektors, öffentlicher Güter und sozialer Infrastrukturen in den Blick nehmen müssen.
Climate change and forest fires are bringing global forest management back into the public eye. One of the most important players on a global level is the Forest Stewardship Council (FSC), which certifies forest products. This article argues that market-based regulatory mechanisms such as the FSC have systematic weaknesses and, using the example of the Chilean forest industry, shows that this is particularly true for the regulation of global extractivist commodity chains. It argues that private regulatory mechanisms such as FSC perpetuate global dependencies, ecological problems, and social inequalities.
Challenging the three faces of extractivism: the Mapuche struggle and the forestry industry in Chile
(2023)
The Mapuche movement is among the most important social movements in post-dictatorship Chile. Since the 1990s, the Mapuche struggle has increasingly turned into a violent conflict over land usage and environmental degradation. By referring to theories of global capitalism and political ecology, we show how forestry extractivism has shaped the Mapuche struggle. Based on extensive fieldwork in the region of La Araucanía, we analyze how different forms of inequalities including social marginalization, cultural repression, and ecological inequalities have led to discontent. In reaction to this multi-dimensional discontent, the Mapuche have developed indigenous forms of ‘collective bargaining by riot’ by attacking the local extractivist network. We identify the transnational forestry industry as a major driver of conflict and discuss the limits of Chile’s extractivist model.
Chile ist in den vergangenen Jahren politisch deutlich nach links gerückt. Dies hat vor allem mit der Intensivierung einer Vielzahl von Protesten und sozialen Bewegungen in den 2010er-Jahren zu tun. Die soziale Rebellion Ende 2019 erschütterte das neoliberale Modell nachhaltig und verlieh einer Linken links der Sozialdemokratie starken Aufwind. Allerdings scheiterte zuletzt der maßgebliche politische Prozess, der eine neue Verfassung erarbeiten und diejenige der Militärdiktatur ersetzen sollte. Der vorliegende Artikel erörtert die Gründe für den Aufstieg der Linken in Chile sowie die Ursachen ihrer jüngeren Rückschläge.
In vielen Ländern des Globalen Südens findet die soziale Reproduktion eines großen Teils der Bevölkerung in hohem Maße außerhalb des kapitalistischen Sektors statt. Dies hat Folgen für die dort verbreiteten gesellschaftlichen Natur- und Klassenverhältnisse sowie für die zentralen Konfliktdynamiken in diesen Gesellschaften. Dieser Artikel fragt danach, wie wir diese Gesellschaften des Globalen Südens kapitalismustheoretisch verstehen können, ohne ihnen die Kategorien der Zentrumsländer überzustülpen. Dafür wird das analytische Konzept der strukturellen Heterogenität sowie der empirische Begriff des bedarfsökonomischen Sektors vorgeschlagen. Diese führen kapitalismustheoretisch deutlich über ein rein ökonomisches Verständnis struktureller Heterogenitäten hinaus und ermöglichen die Analyse aktueller sozial-ökologischer Verteilungskonflikte. Dafür, so wird abschließend deutlich, sind eigene Begrifflichkeiten nötig, die sich von denjenigen unterscheiden, die klassischerweise für die Analyse des Kapitalismus in den frühindustrialisierten Zentrumsländern entwickelt wurden.
La Región de La Araucanía, situada en el sur de Chile, ha sido modelada por procesos de ocupación colonial y de inversión del capital extractivo. La dinámica de apropiación y ocupación del territorio ha significado un incesante conflicto y tensión entre sus actores durante cuatro siglos de historia. Sin embargo, ha sido en los últimos 140 años que el Estado chileno ha afirmado la incorporación del territorio a su ordenamiento nacional, generando un proceso de desterritorialización y re-territorialización, lo que ha involucrado un conjunto de conflictos con serias consecuencias para su población. En este trabajo presentamos a una mirada a la nueva ruralidad constituida a partir de este proceso, en relación con el extractivismo. Damos cuenta de algunos de los principales enclaves extractivos, pensando en la red de poder que constituye y da forma a la región de la Araucanía. Proponemos algunas reflexiones e invitaciones a generar investigaciones orientadas al trabajo empírico, intercultural y situado del conocimiento.
Die ökologische Krise macht deutlich, dass die Verhältnisse zwischen Mensch und Natur wieder zu einem zentralen Gegenstand kritischer Sozialwissenschaft und die Pluralität der gesellschaftlichen Naturverhältnisse in den Blick genommen werden müssen. Der Beitrag versteht den Kapitalismus im Anschluss an Louis Althusser als »komplex strukturiertes Ganzes«, das auf der Gleichzeitigkeit verschiedener Produktionsweisen beruht. Dies beleuchtet verschiedene und teilweise konfligierende gesellschaftliche Naturverhältnisse innerhalb kapitalistisch dominierter Gesellschaften, welche nicht nur unterschiedliche Betroffenheiten von Umweltzerstörungen und Klimawandel erzeugen, sondern auch spezifische Konfliktdynamiken und emanzipatorische Potenziale in der ökologischen Krise.
Macht der Märkte oder Macht in Märkten? Zur Bedeutung von Asymmetrien in der Zirkulationssphäre
(2021)
Macht auf Märkten ist im Kapitalismus keine Ausnahme, sondern ein Resultat seiner innersten Bewegungsgesetze. Unternehmen nutzen sie, um sich Vorteile zu verschaffen und um sich fremde Arbeit und Natur anzueignen. Dennoch wurde Macht in der jüngeren Kapital-Rezeption häufig auf den »stummen Zwang der ökonomischen Verhältnisse« reduziert und als anonym, versachlicht und strukturell verstanden. Konkrete Machtausübung fände nur innerhalb der Fabrik statt, in die die Lohnabhängigen qua freiwilligem Vertrag eingetreten seien. Ein derartiges Verständnis von Kapitalismus nimmt die liberale Ideologie, die Marx kritisieren wollte, für bare Münze. Dementgegen vertrete ich die These, dass Marktmacht und hierarchische Märkte zur Kernstruktur kapitalistischen Wirtschaftens gehören und eine Form darstellen, wie sich dominante Akteure Werte, Profite und Natur sichern.
Chile erlebt seit Oktober 2019 eine Welle sozialer Proteste. Dem Aufstand gegen das »neoliberale Modell« schlossen sich innerhalb kürzester Zeit große Teile der Bevölkerung an und beteiligten sich an monatelangen Auseinandersetzungen und Organisierungsprozessen. Unsere These ist, dass es sich dabei um Klassenkonflikte handelt, die sich allerdings in ihrer Form von typischen Kämpfen zwischen Kapital und Arbeit unterscheiden, wie wir sie in der Regel im Anschluss an Marx denken und aus den globalen Zentren der Weltwirtschaft kennen. Obwohl sich die betrachteten Auseinandersetzungen stark um die Themen der Kommodifizierung und Unsicherheit drehen, handelt es sich aber auch nicht um klassenübergreifende Konflikte gegenüber dem Markt im Sinne von Polanyi. Am chilenischen Fall zeigen wir vielmehr, dass Klassenkonflikte außerhalb des engen Feldes betrieblicher Auseinandersetzungen eigene Formen annehmen können, was entscheidende Konsequenzen in Bezug auf die damit einhergehenden Machtressourcen, Subjekte, aber auch Potenziale beinhaltet.
Abhängigkeiten im globalen Kapitalismus stellen eine historische Kontinuität dar. Wie diese sich seit dem Ende der formalen Kolonialherrschaft in ökonomischer und politischer Hinsicht fortsetzen, hat Mitte des 20. Jahrhunderts zunächst vor allem der lateinamerikanische Dependenzansatz prominent diskutiert. Der vorliegende Beitrag argumentiert, dass politische und ökonomische Abhängigkeiten trotz Verschiebungen gegenüber der Ausgangslage der dependenztheoretischen Diskussionen der 1970er Jahre weithin fortbestehen und sich nicht allein über die Betrachtung ökonomischer Kennziffern beschreiben lassen. Gerade auch im Hinblick auf zwei Leerstellen des Dependenzansatzes, der Aneignung von un(ter-) bezahlter Sorge- und Subsistenzarbeit sowie am kostenlosen Zugriff auf Natur, zeigen sich Machtbeziehungen und Abhängigkeitsverhältnisse, auf denen die kapitalistische Weltwirtschaft weiterhin beruht.
Ulrich Brand, Markus Wissen und Stephan Lessenich haben die Gesellschaften des Globalen Nordens zuletzt einer scharfen Kritik unterzogen, indem sie auf die dort vorherrschende global nicht-verallgemeinerbare Lebensweise sowie der Externalisierung sozial-ökologischer Kosten in Länder des Globalen Südens verwiesen. Während in beiden Büchern die Verteilungsfrage zwischen „Nord“ und „Süd“ im Zentrum der Analyse stehen, wurde gleichzeitig eine Debatte in Deutschland hervorgerufen, die unter anderem die Frage stellte, ob diese Perspektive nicht die Klassenverhältnisse innerhalb der Zentren vernachlässige. Schaut man sich allerdings die Kehrseite der Externalisierung und der imperialen Lebensweise an – also die Länder der Peripherie – sind Fragen nach globaler Ungleichheit schon auf den ersten Blick mit Klassenverhältnissen verbunden. Dies gilt für ökonomische, ökologische oder politische Ungleichheiten. Die Klassenverhältnisse in Ländern des Globalen Südens bedingen nicht nur die ungleiche Verteilung der Ressourcen innerhalb dieser Länder, sondern sind ausschlaggebend für die Aufrechterhaltung und Gewährleistung der Internalisierung externer Kosten. Am Beispiel Chiles werden wir im Folgenden den Zusammenhang zwischen internen Klassenverhältnissen, Internalisierung und imperialer Lebensweise aufzeigen.
The article focuses on the question why Chile’s extractivist accumulation model is so stable despite ongoing protest, many years of a political left turn in Latin America and wide-ranging ecological damages caused by the extractive industries. It does not only take into account the appropriation of nature but analyses the appropriation of power by a small Chilean class of big company owners. The huge inequality which characterizes Chile’s society also shapes political power. The article distinguishes different power resources of Chile’s big business class and explains how these explain the surprising continuity of Chile’s extractivist economy in a socio-ecological deadlock.
Big parts of the left refer to Rosa Luxemburg and Antonio Gramsci as two main theorists of organization theory. In this article, we present their thinking towards problems of class consciousness, the activity of the masses, bureaucracy, political parties, parliament and hegemony. We argue that in main regards they complement each other. Finally we figure out how one can use this theoretical approach under today’s different conditions and which problems might appear if we don’t bear in mind such differences.